Offener Brief an Bürgermeister und Fraktionen zur Gründung eines Jugendparlaments

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Boos,
sehr geehrte Fraktionsvorsitzende,

wie Sie vermutlich schon in den letzten Wochen gehört haben, besteht die Idee ein „Jugendparlament“ in Form eines Jugendbeirats auf Ebene der Verbandsgemeinde einzurichten.
Besonders über das vergangene Jahr ist uns bewusst geworden, dass es einer politischen Vertretung von und für Jugendliche bedarf, wie es auch schon einen Senioren- und einen Integrationsbeirat gibt. Schon seit Längerem ist bekannt, dass sich die Jugend in politischen Entscheidungen vernachlässigt fühlt, glaubt, dass sie nicht gehört wird und besonders für Politik auf kommunaler Ebene nur wenig Interesse zeigt. Ein Jugendparlament bietet nun die Möglichkeit, der Jugend eine politische Stimme zu geben, ihre Perspektive stets mitzudenken, aber sie auch mit demokratischen Entscheidungsprozessen vertraut zu machen.
Hierzu schwebt uns ein überparteilicher Jugendbeirat mit 9 bis 18 Mitgliedern in einem Alter von 14 bis 20 Jahren vor, die in einer parteiunabhängigen Namenswahl alle zwei Jahre neu gewählt werden. Um die eigene Handlungsfähigkeit zu gewährleisten, sollte er zudem über einen eigenen Etat verfügen.
Die früheren Versuche zur dauerhaften Etablierung eines Jugendparlaments in Simmern scheiterten unter anderem daran, dass sich jeweils nach der ersten Wahlperiode zu wenig neue engagierte Kandidaten fanden. Folglich halten wir die Einrichtung eines Jugendparlaments in der Verbandsgemeinde für sinnvoller, da sie ein größeres Einzugsgebiet bietet, um neue Kandidaten zu finden und die Beständigkeit zu gewährleisten. Dabei sind wir uns nun durchaus bewusst, dass die Verbandsgemeindeebene weniger direkte Zuständigkeiten bedeuten mag, die die Jugend betreffen, als in den Städten und Ortsgemeinden. Doch die Verbandsgemeindeebene schließt die Zusammenarbeit mit den einzelnen Gemeinden nicht aus. Die Jugend ist schlicht nicht nur auf Ortsebene organisiert und befreundet, sondern besonders über die Schulen und Vereine miteinander vernetzt, deren Einzugsgebiet nicht vor Gemeindegrenzen Halt machen. Es soll verhindert werden, dass die Jugendlichen aus den Dörfern, bei einer Einrichtung eines Jugendparlaments in den Städten, ausgeschlossen werden und ihnen die Möglichkeit verwehrt wird zu partizipieren.
Ein weiteres Mittel, um die Beständigkeit des Jugendparlaments zu gewährleisten, ist die variable Mitgliederzahl. Politisches Interesse und engagierte Mitglieder finden sich von Jahr zu Jahr mehr oder auch weniger, während der Bedarf für ein Jugendvertretung nichtsdestotrotz besteht. Ein Scheitern, nur weil sich ein Kandidat zu wenig oder kein Nachrücker finden sollte, wäre fatal.
Auch sind wir uns dem Problem bewusst, dass einige Mitglieder noch während ihrer Amtszeit aufgrund, ihrer Ausbildung oder ihres Studiums wegziehen und nicht mehr in der Lage sein werden ihre Arbeit im Jugendparlament fortzuführen. Dies ist ein Problem, das alle Jugendvertretungen betrifft und dem nur entgegengewirkt werden kann, wenn Nachrücker einfach bestimmt werden können und wie schon erwähnt die Mitgliederzahl variieren kann. Damit Nachrücker schnell feststehen, liegt eine Namenswahl nahe, bei der der jeweils Listennächste nachrückt.
Wir streben in einer Zeit zunehmender Polarisierung zudem an, dass das Jugendparlament, wie auch die anderen Beiräte der Verbandsgemeinde, ausdrücklich überparteilich angelegt ist. So zeigte sich in anderen Jugendvertretungen aus Rheinland-Pfalz, dass ein parteipolitischer Aspekt die Arbeit eines Jugendparlaments immens beeinträchtigt und ohnehin überflüssig scheint, in Anbetracht der Themen, die in einem Jugendparlament beraten werden. Diese überparteiliche Ausrichtung beginnt bereits bei der parteiunabhängigen Namenswahl. Im Bereich der Kommunalpolitik fallen viele Entscheidungen, die die Jugendlichen direkt betreffen. Das Jugendparlament schafft ein Forum, in dem sich die Jugendlichen mit diesen Themen frei auseinandersetzen, ihre Meinung kundtun und am Entscheidungsprozess mitwirken können. So kann das Jugendparlament den Städten und Gemeinden, wie auch der Verbandsgemeinde, bei ihrer eigenen Jugendpolitik und ihren Aktionen beratend zur Seite stehen sowie eigene Vorschläge einbringen. Hierzu haben wir bereits Gespräche mit den Stadtbürgermeistern Herr Dr. Nikolay und Frau Jourdant geführt.
Nicht zuletzt bietet es die Möglichkeit, junge politisch interessierte Menschen an zukünftige politische Tätigkeiten auf kommunaler Ebene heranzuführen.
Das Jugendparlament sollte in Zusammenarbeit mit der Verbandsgemeindeverwaltung über einen eigenen jährlichen Etat verfügen. Dies ist essenziell, um die Handlungsfähigkeit zu gewährleisten, denn das Fehlen eines Budgets war unter anderem einer der Gründe für das Scheitern eines der vorherigen Jugendparlamente in Simmern, da die ständige Abhängigkeit vom Rat auch bei kleinen Beträgen Entscheidungen nur sehr langsam voranschreiten lässt und auf Dauer die Mitglieder frustriert. Bei rheinland-pfälzischen Jugendvertretungen ist es üblich über einen Etat zu verfügen, wie uns auch die Vorsitzende des Dachverbandes für Jugendvertretungen Rheinland-Pfalz, Sabrina Kleinhenz, informierte.
Mit einem eigenen Budget kann das Jugendparlament unabhängig agieren, eigene Projekte und Veranstaltungen initiieren, Öffentlichkeitsarbeit machen sowie Bedarfsgegenstände für die eigene Arbeit erwerben. Besonders Aktionen für Jugendliche, etwa in Kooperation mit Jugendcafés und den Kirchen, aber auch bespielweise Diskussionsrunden vor Wahlen würden sich anbieten.
Die Verwaltung prüft bereits was für eine Betragshöhe möglich wäre, zumal es hier Zuschussmöglichkeiten von Seiten des Landesfamilienministeriums gibt. So verfügt beispielsweise die Jugendvertretung in Boppard (~15.000 Einwohner) über 5000 Euro jährlich, der Dachverband legte uns eine ähnliche Summe nahe.

Um die oben angeführten Punkte zu verwirklichen, stehen wir in engem Austausch mit der Verbandsgemeindeverwaltung, der wir bereits einen Satzungsentwurf vorgelegt haben.
Die Verwaltung hat für das weitere Verfahren folgenden Zeitplan ausgearbeitet:
Woche 18 + 19 Gespräche mit den Städten durch Fynn Klein
08.06.2021 Grundsatzbeschluss der Verbandsgemeinde zur Bildung eines Jugendparlamentes im Verbandsgemeinderat
29.06.2021 Vorstellung der Planungen in der Ortsbürgermeisterdienstbesprechung
bis 31.07.2021 Ausarbeitung der Satzung zwischen der Verwaltung und den Antragstellern;
Vorbereitung und Beschaffung einer Software für die Durchführung der Wahl durch die Verwaltung;
07.09.2021 Beschlussfassung über die Satzung im Verbandsgemeinderat
Bis Nov. 2021 Öffentlichkeitsarbeit unter Einbeziehung der Schulen, der Ortsgemeinde und Jugendbeauftragten
Nov. / Dez. 2021 Wahl
Dez. 2021 Konstituierende Sitzung

Für die Wahl würde sich eine Urnenwahl an den Schulen und eine ergänzende Online-Wahl anbieten. Zurzeit prüft die Verwaltung, inwiefern dies möglich ist.
Wir würden uns über ihre Unterstützung für ein Jugendparlament in der Verbandsgemeinde Simmern-Rheinböllen sehr freuen. Hierzu wird die Verwaltung einen Grundsatzbeschluss vorbereiten. Gerne können wir Ihnen unsere Vorstellungen auch in der Sitzung des Verbandsgemeinderates am 8. Juni präsentieren.

Mit freundlichen Grüßen

Fynn Stefan Klein (Junge Liberale), Christian Galla (Grüne Jugend), Lars Goll (Junge Union), Sina Mähringer (Jusos)